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Смятение чувств / Verwirrung der Gefühle

Книга для чтения на немецком языке
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Стефан Цвейг — австрийский писатель, драматург и журналист, чьи произведения стали классикой мировой литературы. Цвейг считается мастером психологических новелл, которые привлекают читателя оригинальными сюжетами и заставляют задуматься над превратностями судьбы. В сборник вошли «Лионская легенда», «Звезда над лесом», «Закат одного сердца», «Легенда о сестрах-близнецах», «Любовь Эрики Эвальд», «Забытые мечты», «Жгучая тайна» и «Смятение чувств». Оригинальный текст снабжен постраничными комментариями и словарем.
Цвейг, С. Смятение чувств / Verwirrung der Gefühle : книга для чтения на немецком языке : художественная литература / С. Цвейг. - Санкт-Петербург : КАРО, 2024. - 542 с. - (Klassische Literatur). - ISBN 978-5-9925-1473-5. - Текст : электронный. - URL: https://znanium.ru/catalog/product/2189048 (дата обращения: 07.01.2025). – Режим доступа: по подписке.
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Stefan ZWEIG
VERWIRRUNG  
DER GEFÜHLE
KLASSISCHE LITERATUR
Комментарии, словарь  
Л. М. Бузиновой  


УДК	 821.112.2 
ББК	 81.2 Нем93 
	
Ц26
Цвейг, Стефан.
Ц26	
Смятение чувств : Книга для чтения на немецком языке / C. Цвейг. — Санкт-Петербург : 
КАРО, 2024. — 542 с. — (Klassische Literatur).
ISBN 978-5-9925-1473-5.
Стефан Цвейг — австрийский писатель, драматург и 
журна-лист, чьи произведения стали классикой мировой 
литературы. Цвейг считается мастером психологических 
новелл, 
которые 
привлекают 
читателя 
оригинальными 
сюжетами и заставляют задуматься над превратностями 
судьбы. В сборник вошли «Ли-онская легенда», «Звезда над 
лесом», «Закат одного сердца», «Легенда о сестрах-близнецах», 
«Любовь Эрики Эвальд», «За-бытые мечты», «Жгучая тайна» 
и «Смятение чувств».
Оригинальный текст снабжен постраничными комментариями и словарем.
УДК 821.112.2 
ББК 81.2 Нем93
Stefan Zweig 
VERWIRRUNG DER GEFUHLE
Стефан Цвейг 
СМЯТЕНИЕ ЧУВСТВ
Комментарии, словарь Л. М. Бузиновой
Ответственный редактор Е. А. Тимофеева 
Технический редактор Ю. В. Гадаева 
Обложка А. Н. Лосевой
Издательство КАРО, ЛР № 065644 
197046, Санкт-Петербург, ул. Чапаева, д. 15, лит. А. 
Тел.: 8 (812) 332-36-62
www.karo.spb.ru
Регистрационный номер декларации о соответствии: 
ЕАЭС N RU Д-RU.HA78.B.06066/19
Подписано в печать 08.04.2024. Формат 70×100 1/32 . Бумага офсетная.  
Печать офсетная. Усл. печ. л. 22,02. Заказ № 
Отпечатано в типографии ООО «Паблит» 
127214, г. Москва, Полярная ул., д. 31В, стр.1, Э/ПОМ/К 3/I/1 
Тел.: (495) 859-48-62
© КАРО, 2024
ISBN 978-5-9925-1473-5


  	







Am zwölften November 1793 brachte Barrere im
DIE HOCHZEIT VON LYON
französischen Nationalkonvent gegen das abtrünnige und endlich erstürmte Lyon jenen tödlichen Antrag ein, der mit den lapidaren1 Worten endigte: „Lyon
bekämpfte die Freiheit, Lyon ist nicht mehr.“ Die
Gebäude der volksaufrührerischen Stadt sollten, so
forderte er, dem Erdboden gleichgemacht, seine Monumente in Asche verwandelt und selbst der Name
ihr genommen werden. Acht Tage zögerte der Konvent, so völliger Vernichtung der zweitgrößten Stadt
Frankreichs zuzustimmen, und selbst nach der Unterzeichnung führte der Volksbeauftragte Couthon,
des geheimen Einverständnisses Robespierres gewiss,
jenen herostratischen Befehl nur lässig aus. Um der
Form zu genügen, versammelte er mit großem Pomp
das Volk auf dem Platz von Bellecourt und klopfte
mit silbernem Hammer symbolisch gegen die der
1 lapidar (oft überraschend) — kurz und präzise formuliert =
prägnant
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STEFAN ZWEIG
Vernichtung bestimmten Häuser, aber nur zögernd
brach dann der Spaten in die herrlichen Fassaden
ein, und die Guillotine1 übte noch sparsam ihren
dumpf dröhnenden Niederfall. Von dieser unerwarteten Milde beruhigt, begann die vom Bürgerkrieg
und monatelanger Belagerung grausam erregte Stadt
schon wieder ersten Atem der Hoffnung zu wagen,
als plötzlich der human zögernde Tribun abberufen
wurde und statt seiner Collot d’Herbois und Fouché in Ville Affranchie — denn so hieß von nun ab
Lyon in den Dekreten der Republik — mit der
Schärpe der Volksbeauftragten geschmückt erschienen. Nun wurde über Nacht, was bloß als pathetisch abschreckendes Dekret2 vermeint war, grimmige Wirklichkeit. „Man hat hier bisher nichts getan“, meldete ungeduldig, die eigene patriotische
Energie zu erweisen und den milderen. Vorgänger
zu verdächtigen, der erste Bericht der neuen Tribunen an den Konvent, und sofort setzten jene furchtbaren Exekutionen ein, an die sich Fouché, der „mitrailleur de Lyon“, als späterer Herzog von Otranto
und Verteidiger aller legitimen Prinzipien nur un1 Guillotine die; -, -n; — eine Maschine, mit der (besonders
zur Zeit der Französischen Revolution) durch ein herabfallendes Beil Menschen der Kopf abgeschlagen wurde
2 Dekret das; -(e)s, -e; veraltend — eine offizielle Verordnung
von einer Behörde
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DIE HOCHZEIT VON LYON
gern mehr erinnern ließ. Statt des langsam aufmörtelnden Spatens sprengten jetzt Pulverminen reihenweise die herrlichsten Gebäude nieder, statt der „unzuverlässigen und unzulänglichen“ Guillotine erledigten Massenfusilladen und Kartätschen Hunderte
von Verurteilten mit einer Salve. Geschärft durch
täglich neue und schneidende Dekrete mähte die
Justiz weitausholend wie eine Sense Tag um Tag ihre
riesige Menschengarbe; längst schon besorgte die
rasch wegschwemmende Rhone das zu langsame Geschäft des Einsargens und Gräbergrabens, längst genügten die Gefängnisse nicht mehr für die Fülle der
Verdächtigen. So wurden die Keller der öffentlichen
Gebäude, Schulen und Klöster den Verurteilten zum
Aufenthalt bestimmt, freilich zu flüchtigem bloß,
denn die Sense hieb rasch zu, und selten wärmte das
gleiche Stroh denselben Leib mehr als eine einzige
Nacht.
Zu so tragisch verkürzter Gemeinsamkeit war an
einem scharffrostigen Tage jenes blutigen Monats wieder ein Trupp Verurteilter in die Keller des Stadthauses getrieben worden. Mittags hatte man sie Mann
für Mann vor die Kommissare geführt und in fliegendem Fragespiel ihr Schicksal erledigt; nun saßen
die vierundsechzig Verurteilten, Frauen und Männer,
wirr durcheinander in dem niedergewölbten, nach
Weinfässern und Moder dünstenden Dunkel, das im
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STEFAN ZWEIG
Vorderraum ein kärgliches Kaminfeuer eher durchfärbte als durchwärmte. Die meisten hatten sich lethargisch1 auf ihre Strohsäcke hingeworfen, andere
schrieben an dem einzig bewilligten Holztisch bei
wackeligem Wachslicht hastige Abschiedsbriefe, wussten sie doch, dass ihr Leben eher zu Ende sein würde
als die im kalten Räume blauschauernde Kerze. Keiner von ihnen aber sprach anders als flüsternd, und
so dröhnte deutlich in die gefrorene Stille von der
Straße her die dumpfe Explosion der Minen und das
rasch ihr folgende Niederkrachen der Häuser. Doch
schon war durch die schmetternde Geschwindigkeit
der Geschehnisse alle Fähigkeit des Gefühls und des
deutlichen Denkens den Geprüften genommen; reglos und wortlos lehnten die meisten im Dunkel wie
in einem Vortraum ihres Grabes, nichts mehr erwartend und mit keiner Regung mehr dem Lebendigen
zugewandt.
Da dröhnte gegen die siebente Abendstunde
plötzlich energischharter Schritt an der Türe, Kolben klirrten, der rostige Riegel2 kreischte zurück.
Unwillkürlich schreckten alle auf: sollte gegen die
triste Gewohnheit einer sonst verstatteten Nacht
1 lethargisch — teilnahmlos
2 Riegel der; -s, -; — ein Stab aus Metall oder Holz, den man
vor etwas schiebt, um es so zu sichern
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DIE HOCHZEIT VON LYON
schon jetzt ihre Stunde gekommen sein? Im kalten
Luftzug der aufgerissenen Tür sprang die Flamme
blau von der Kerze, als wollte sie dem wächsernen
Leib entfliehen, und mit ihr aufzuckend warf Angst
sich dem Unbekannten entgegen. Aber bald beruhigte sich der jäh aufgerissene Schrecken, brachte
der Kerkermeister doch nichts als einen neuen
nachträglichen Schub Verurteilter, etwa zwanzig an
der Zahl, die er wortlos und ohne ihnen im überfüllten Raum besonderen Platz anzuweisen, die
Treppe herabführte. Dann stöhnte die schwereiserne Tür wieder zu.
Unfreundlich blickten die Gefangenen den Ankömmlingen entgegen, denn dies Seltsame ist ja der
menschlichen Natur zu eigen, überall eilig sich einzupassen und selbst im Flüchtigen sich zu Hause zu
fühlen wie in einem Recht. So betrachteten die früher Gekommenen den dumpfen modrigen Raum, den
schimmeligen Strohsack, den Platz um das Feuer unwillkürlich schon als ihr Eigentum, und jeder der
Neueingelangten erschien ihnen ein unberufener
und schmälernder Eindringling. Die eben Eingelieferten wiederum mochten jene kalte Feindseligkeit
ihrer Vorgänger, so unsinnig sie auch in tödlicher
Stunde war, deutlich empfunden haben, denn —
sonderbar — sie wechselten mit den Schicksalsgenossen weder Gruß noch Wort, forderten nicht Teil an
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STEFAN ZWEIG
Tisch und Stroh, sondern drückten sich nur wortlos
und mürrisch in eine Ecke. Und war vordem die Stille schon grausam über dem Gewölbe gelegen, so
mutete sie nun noch finsterer an durch diese Gespanntheit eines sinnlos herausgeforderten Gefühls.
Um so klingender, heller und gleichsam wie von anderer Welt hereingeschlagen fuhr nun plötzlich ein
Schrei diese Stille durch, ein heller, beinahe zuckender Schrei, der unwiderstehlich selbst den Teilnahmslosesten aus Ruhe und Gedrücktheit riss. Ein Mädchen, neu angekommen mit den anderen, plötzlich
und ruckhaft war sie aufgesprungen, und sie war es
auch, die sich, die Arme wie eine Stürzende vorgebreitet, mit dem zuckenden Ruf „Robert, Robert“
einem jungen Menschen entgegenwarf, der abseits von
den ändern an dem Fenstergitter gelehnt hatte und
nun seinerseits ihr entgegenfuhr. Und schon loderten wie zwei Flammen eines Feuers diese beiden jungen Gestalten Körper an Körper, Mund an Mund sich
entgegen, so innig zusammenbrennend, dass die jäh
ausströmenden Tränen der Entzückung eine des anderen Wangen überströmten und ihr Schluchzen wie
aus einer einzigen berstenden Kehle drang. Wenn sie
sich ließen für einen Augenblick, ungläubig, sich wirklich zu fühlen und vom Übermaß des Unwahrscheinlichen erschreckt, so schlug im nächsten Augenblick
schon wieder neue Umfangung sie womöglich noch
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