Вахтмистр Штудер
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Тематика:
Немецкий язык
Издательство:
КАРО
Автор:
Глаузер Фридрих
Год издания: 2021
Кол-во страниц: 256
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Вид издания:
Художественная литература
Уровень образования:
Дополнительное образование
ISBN: 978-5-9925-1519-0
Артикул: 777055.01.99
В традиционном детективе нужны по меньшей мере три обязательных ингредиента — жертва, преступник и гениальный сыщик, который с блеском распутает любое преступление. У швейцарского криминального романа своего классического периода не было — он начался в ХХ веке с Фридриха Глаузера. Писатель пришел к детективу в то время, когда в жанре появились персонажи, которые ищут не столько преступника, сколько истину, и «расследуют» жизнь во всей сложности ее противоречий и конфликтов. Именно таким автор создал образ Якоба Штудера.
Блестящий комиссар столичной полиции Штудер проявил принципиальность и отказался замять дело, в результате чего поплатился карьерой и был разжалован в рядовые. Теперь он в чине вахмистра служит в полиции Берна, слывет чудаком и мечтателем, к нему относятся с известной долей недоверия, но все же поручают самые сложные и важные дела.
В книге представлен полный неадаптированный текст произведения на языке оригинала.
Тематика:
ББК:
УДК:
- 372: Содержание и форма деятельности в дошк. восп. и нач. образов-ии. Метод. препод. отд. учеб. предметов
- 811112: Другие западногерманские языки. Немецкий язык
ОКСО:
- ВО - Бакалавриат
- 45.03.01: Филология
- 45.03.02: Лингвистика
ГРНТИ:
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Friedrich GLAUSER WACHTMEISTER STUDER KRIMINALROMAN KAPO Санкт-Петербург
УДК 372.881.111.22 ББК 81.2 Нем-93 Г52 Глаузер, Фридрих. Г52 Вахтмистр Штудер : книга для чтения на немецком языке. / Ф. Глаузер — Санкт-Петербург : КАРО, 2021 — 256 с. — (Kriminalroman). ISBN 978-5-9925-1519-0. В традиционном детективе нужны по меньшей мере три обязательных ингредиента — жертва, преступник и гениальный сыщик, который с блеском распутает любое преступление. У швейцарского криминального романа своего классического периода не было — он начался в ХХ веке с Фридриха Глаузера. Писатель пришел к детективу в то время, когда в жанре появились персонажи, которые ищут не столько преступника, сколько истину, и «расследуют» жизнь во всей сложности ее противоречий и конфликтов. Именно таким автор создал образ Якоба Штудера. Блестящий комиссар столичной полиции Штудер проявил принципиальность и отказался замять дело, в результате чего поплатился карьерой и был разжалован в рядовые. Теперь он в чине вахмистра служит в полиции Берна, слывет чудаком и мечтателем, к нему относятся с известной долей недоверия, но все же поручают самые сложные и важные дела. В книге представлен полный неадаптированный текст произведения на языке оригинала. УДК 372.881.111.22 ББК 81.2 Нем-93 ISBN 978-5-9925-1519-0 © КАРО, 2021 Все права защищены
Einer will nicht mehr mitmachen Der Gefangenenwarter mit dem dreifachen Kinn und der roten Nase brummte etwas von »ewigem G'sturm«, — weil ihn Studer vom Mittagessen wegholte. Aber Studer war immerhin ein Fahnderwachtmeister von der Berner Kantonspolizei, und so konnte man ihn nicht ohne weiteres zum Teufel jagen. Der Warter Liechti stand also auf, fullte sein Wasser-glas mit Rotwein, leerte es auf einen Zug, nahm einen Schlusselbund und kam mit zum Haftling Schlumpf, den der Wachtmeister vor knapp einer Stunde eingeliefert hatte. Gange... Dunkle lange Gange... Die Mauern waren dick. Das SchloE Thun schien fur Ewigkeiten gebaut. Uberall hockte noch die Kalte des Winters. Es war schwer, sich vorzustellen, daE drauEen ein warmer Maientag uber dem See lag, daE in der Sonne Leute spazieren gingen, unbeschwert, daE andere in Booten auf dem Wasser schaukelten und sich die Haut braun brennen lieEen. Die Zellenture ging auf. Studer blieb einen Augenblick auf der Schwelle stehen. Zwei waagrechte, zwei senkrechte 3
Eisenstangen durchkreuzten das Fenster, das hoch oben lag. Der Dachfirst eines Hauses war zu sehen — mit alten, schwarzen Ziegeln — und uber ihm wehte als blendend blaues Tuch der Himmel. Aber an der unteren Eisenstange hing einer! Der Ledergurtel war fest verknupft und bildete einen Knoten. Dunkel hob sich ein schiefer Korper von der weiEgekalkten Wand ab. Die FuEe ruhten merkwurdig verdreht auf dem Bett. Und im Nacken des Erhangten glanzte die Gurtelschnalle, weil ein Sonnenstrahl sie von oben traf. »Herrgott!« sagte Studer, schoE vor, sprang aufs Bett — und der Warter Liechti wunderte sich uber die Beweglichkeit des alteren Mannes — packte den Korper mit dem rechten Arm, wahrend die linke Hand den Knoten aufknupfte. Studer fluchte, weil er sich einen Nagel abgebrochen hatte. Dann stieg er vom Bett und legte den leblosen Korper sanft nieder. »Wenn Ihr nicht so verdammt ruckstandig waret«, sagte Studer, »und wenigstens Drahtgitter vor den Fenstern anbringen wurdet, dann konnten solche Sachen nicht passieren. — So! Aber jetzt spring, Liechti, und hol den Doktor!« »Ja, ja!« sagte der Warter angstlich und humpelte davon. Zuerst machte der Fahnderwachtmeister kunstliche Atmung. Es war wie ein Reflex. Etwas, das aus der Zeit stammte, da er einen Samariterkurs mitgemacht hatte. 4
Und erst nach funf Minuten fiel es Studer ein, das Ohr auf die Brust des Liegenden zu legen und zu lauschen, ob das Herz noch schlage. Ja, es schlug noch. Langsam. Es klang wie das Ticken einer Uhr, die man vergessen hat aufzuziehen; Studer pumpte weiter mit den Armen des Liegenden. Unter dem Kinn durch, von einem Ohr zum andern, lief ein roter Streifen. »Aber Schlumpfli!« sagte Studer leise. Er nahm sein Nastuch aus der Tasche, wischte sich zuerst selbst die Stirne ab, dann fuhr er mit dem Tuch uber das Gesicht des Burschen. Ein Bubengesicht: jung, zwei dicke Falten uber der Nasenwurzel. Trotzig. Und sehr bleich. Das war also der Schlumpf Erwin, den man heut morgen in einem Krachen des Oberaargaus verhaftet hatte. Schlumpf Erwin, angeklagt des Mordes an Witschi Wendelin, Kaufmann und Reisender in Gerzenstein. Zufall, date man zur rechten Zeit gekommen war! Vor einer Stunde etwa hatte man den Schlumpf ordnungs-gemate im Gefangnis eingeliefert, der Warter mit dem dreifachen Kinn hatte unterschrieben — man konnte getrost den Zug nach Bern nehmen und die ganze Sache vergessen. Es war nicht die erste Verhaftung, die man vorgenommen hatte, es wurde auch nicht die letzte sein. Warum hatte man das Bedurfnis verspurt den Schlumpf Erwin noch einmal zu besuchen? Zufall? Vielleicht... Was ist schon Zufall?... Es war nicht zu leugnen, date man dem Schicksal des Schlumpf Erwin 5
teilnahmsvoll gegenuberstand. Richtiger gesagt, date man den Schlumpf Erwin liebgewonnen hatte... Warum?... Studer in der Zelle strich sich ein paar Male mit der flachen Hand uber den Nacken. Warum? Weil man keinen Sohn gehabt hatte? Weil der Verhaftete auf der ganzen Reise seine Unschuld beteuert hatte? Nein. Unschuldig sind sie alle. Aber die Beteuerungen des Schlumpf Erwin hatten ehrlich geklungen. Obwohl. Obwohl der Fall eigentlich ganz klar lag. Den Kaufmann und Reisenden Wendelin Witschi hatte man am Mittwochmorgen mit einem Einschute hinter dem rech-ten Ohr, auf dem Bauche liegend, in einem Walde in der Nahe von Gerzenstein aufgefunden. Die Taschen der Leiche waren leer. Die Frau des Ermordeten hatte be-hauptet, ihr Mann habe dreihundert Franken bei sich getragen. Und am Mittwochabend hatte Schlumpf im Gasthof zum >Baren< eine Hunderternote gewechselt... Am Donnerstagmorgen wollte ihn der Landjager verhaften, aber Schlumpf war geflohen. So war es eben gekommen, date der Polizeihauptmann am Donnerstagabend den Wachtmeister Studer in seinem Bureau aufgesucht hatte: »Studer, du mutet an die frische Luft. Morgen fruh gehst du den Schlumpf Erwin verhaften. Es wird dir gut tun. Du wirst zu dick. «Es stimmte, leider. Gewite, sonst schickte man zu solchen Verhaftungen Gefreite. Es hatte den Fahnder 6
wachtmeister getroffen... Auch Zufall?... Schicksal?...Ge-nug, man war an den Schlumpf geraten, und man hatte ihn liebgewonnen. Eine Tatsache! Mit Tatsachen, auch wenn sie nur Gefuhle betreffen, muE man sich abfin-den. Der Schlumpf! Sicherlich kein wertvoller Mensch! Man kannte ihn auf der Kantonspolizei. Ein Unehelicher. Die Behorde hatte sich fast standig mit ihm beschafti-gen mussen. Sicher wogen die Akten auf der Armen-direktion mindestens anderthalb Kilo. Lebenslauf? Verdingbub bei einem Bauern. Diebstahle. — Vielleicht hat er Hunger gehabt? Wer kann das hinterdrein noch feststellen? — Dann ging es, wie es in solchen Fallen immer geht. Erziehungsanstalt Tessenberg. Ausbruch. Diebstahl. Wieder gefaEt. Geprugelt. Endlich entlassen. Einbruch. Witzwil. Entlassen. Einbruch. Thorberg drei Jahre. Entlassen. Und dann hatte es Ruhe gegeben — zwei volle Jahre. Der Schlumpf hatte in der Baumschule Ellenberger in Gerzenstein gearbeitet. Sechzig Rappen Stundenlohn. Hatte sich in ein Madchen verliebt. Die bei-den wollten heiraten. Heiraten! Studer schnaubte durch die Nase. So ein Bursch und heiraten! Und dann war der Mord an dem Wendelin Witschi passiert. Es war ja bekannt, daE der alte Ellenberger in sei-nen Baumschulen mit Vorliebe entlassene Straflinge an-stellte. Nicht nur, weil sie billige Arbeitskrafte waren, nein, der Ellenberger schien sich in ihrer Gesellschaft wohlzufuhlen. Nun, jeder Mensch hat seinen Sparren, 7
und es war nicht zu leugnen, daE die Ruckfalligen sich ganz gut hielten beim alten Ellenberger... Und nur weil der Schlumpf am Mittwochabend eine Hunderternote im Baren gewechselt hatte, sollte er den Raubmord be-gangen haben?. Der Bursche hatte das so erklart: es sei erspartes Geld gewesen, er habe es bei sich getragen. Chabis!. Erspart!. Bei sechzig Rappen Stundenlohn? Das machte im Monat rund hundertfunfzig Franken. Zimmermiete dreiEig. Essen? — Zwei Franken funfzig am Tag fur einen Schwerarbeiter war wenig gerechnet. Funfundsiebzig und dreiEig macht hundertfunf, Wasche funf — Cigaretten, Wirtschaft, Tanz, Haarschneiden, Bad — Blieben im besten Falle funf Franken im Monat. Und dann sollte er in zwei Jahren dreihundert Franken erspart haben? Unmoglich! Das Geld bei sich getragen haben? Psychologisch undenkbar. Solche Leute konnen kein Geld in der Tasche tragen, ohne es zu verputzen. Auf der Bank? Vielleicht. Aber nur so in der Brieftasche?. Und doch, der Schlumpf hatte dreihundert Franken bei sich gehabt. Nicht ganz. Zwei Hunderternoten und etwa achtzig Franken. Studer sah das Einlieferungsprotokoll, das er unterzeichnet hatte: »Portemonnaie mit Inhalt: 282 Fr. 25.« Also. Es stimmte alles! Sogar der Fluchtversuch im Bahnhof Bern. Ein dummer Fluchtversuch! Kindisch! Und doch so begreiflich! Diesmal langte es ja fur lebens-langlich. 8
Studer schuttelte den Kopf. Und doch! Und doch! Etwas stimmte nicht an der ganzen Sache. Vorerst war es nur ein Eindruck, ein gewisses unangenehmes Gefuhl. Und der Fahnderwachtmeister frostelte. Diese Zelle war kalt. Kam denn der Doktor nicht bald? Wollte der Schlumpf eigentlich gar nicht aufwachen?... Ein tiefer Atemzug hob die Brust des Liegenden, die verdrehten Augen kamen in die richtige Stellung und Schlumpf sah den Wachtmeister an. Studer fuhr zuruck. Ein unangenehmer Blick. Und jetzt offnete Schlumpf den Mund und schrie. Ein heiserer Schrei — Schrecken, Abwehr, Furcht, Entsetzen. Viel lag in dem Schrei. Er wollte nicht enden. »Still! Willst still sein!« flusterte Studer. Er bekam Herzklopfen. SchlieElich tat er das einzig mogliche: er legte seine Hand auf den lauten Mund. »Wenn du still bist«, sagte der Wachtmeister, »dann bleib ich noch eine Weile bei dir, und du kannst eine Zigarette rauchen, wenn der Doktor fort ist. Ha? Ich bin doch noch zur rechten Zeit gekommen.« und versuchte ein Lacheln. Aber das Lacheln wirkte auf den Schlumpf durchaus nicht ansteckend. Zwar sein Blick wurde sanfter, aber als Studer seine Hand vom Munde fortnahm, sagte Schlumpf leise: »Warum habt Ihr mich nicht hangen lassen, Wacht-meister?« 9
Schwer auf diese Frage eine richtige Antwort zu finden! Man war doch kein Pfarrer... Es war still in der Zelle. DrauEen tschilpten Spatzen. Im Hof unten sang ein kleines Madchen mit dunner Stimme: »O du liebs Engeli, Rosmarinstengeli, Alliweil, alliweil, blib i dir treu.« Da sagte Studer und seine Stimme klang heiser: »Eh, du hast mir doch erzahlt, daE du heiraten willst? Das Meitschi. es wird doch zu dir halten, oder? Und wenn du sagst, du bist unschuldig, so ist's doch gar nicht sicher, daE du verurteilt wirst. Und du kannst dir doch denken, daE ein Selbstmordversuch die groEte Dummheit gewesen ist, die du hast machen konnen. Das wird dir als Gestandnis ausgelegt.« »Es war doch kein Versuch. Ich hab wirklich.« Aber Studer brauchte nicht zu antworten. Es kamen Schritte den Gang entlang, der Warter Liechti sagte »Da drin ist er, Herr Doktor.« »Scho wieder z'wag?« fragte der Doktor und griff nach Schlumpfs Handgelenk. »Kunstliche Atmung? Fein!« Studer stand vom Bett auf und lehnte sich gegen die Wand. »Ja, also«, sagte der Doktor. »Was machen wir mit ihm? Selbstgefahrlich! Suicidal! Na ja, das kennt man. 10